Kita Heckenrose

Bäume brauchen Wurzeln, das weiß jedes Kind. Und ein kleiner Baum kann umso besser wachsen und gedeihen, je kräftiger seine Wurzeln sind, mit denen er sich im Erdreich verankert und seine Nährstoffe aufnimmt. Nur wenn es einem kleinen Baum gelingt, tief reichende und weitverzweigte Wurzeln auszubilden, wird er später Wind und Wetter, ja auch Stürme aushalten können.

Auch Kinder brauchen feste Wurzeln. Offenbar wissen das nicht alle Eltern, auch nicht alle Erzieher oder gar alle Bildungspolitiker. Sie halten das, was man an jedem Baum sehen, messen und zählen kann, also die Äste oder Blätter oder auch nur die Früchte, für wichtiger als die verborgenen Wurzeln. Deshalb richtet sich ihre ganze Aufmerksamkeit darauf, ihre oder die ihnen anvertrauten Kinder so zu erziehen, dass sie möglichst große und zahlreiche Äste, bunte Blätter und nützliche Früchte entwickeln.

Und dabei vergessen sie, dass Kinder Wurzeln brauchen. Die Wurzeln, mit denen sich Kinder fest im Erdreich verankern und ihre Nährstoffe aufnehmen, sind sichere emotionale Beziehungen zu den Menschen, bei denen sie aufwachsen. Wenn sie diese sicheren Bindungen nicht entwickeln können, bleiben auch ihre Äste, Blätter und Früchte nur eine Kümmerversion dessen, was daraus hätte werden können. Und wenn der erste Sturm kommt, wenn diese Kinder also erwachsen werden und sich in der Welt zurechtfinden müssen, fallen sie um. (...)

(aus: Wie Kinder heute wachsen, Prof. Dr. Gerald Hüther, S.27)